Bruderndorf
Kulturspaziergang – Vergangenes erleben
1. Kulturspaziergang am 20. Juni 2010
Wie kam es überhaupt zur Entstehung von Bruderndorf?
Die ursprünglich nur von Resten einer germanischen Mischbevölkerung dünn besiedelte Gegend wurde um das Jahr 600 zusätzlich von slawischen Stämmen besiedelt, welche unter dem Druck asiatischer Reitervölker vom heutigen Mähren herkommend in das Weinviertel eindrangen.
Die Gegend war nicht unbesiedelt, wie Funde immer wieder zeigten, aber nach wie vor war die Bevölkerungsdichte sehr gering. Man schätzt, dass etwa 3 bis 4 Einwohner pro Quadratkilometer hier lebten. Im Westen des Frankenreiches war die Bevölkerungsdichte wesentlich höher. Am Rhein rechnete man damals ungefähr 35 Personen pro Quadratkilometer. Diese geringe Anzahl von Menschen war eine Folge der im heutigen Weinviertel über einen Zeitraum von an die 500 Jahre ständig stattfindenden Kriege. Dazu kam auch noch, dass es die Zeit des Umstiegs der Bauern von der reinen Viehwirtschaft zur Feldwirtschaft wenn auch vorerst nur in primitiver Form war. Der Bauer wurde mehr vom Wetter abhängig. Das Umackern der Felder erfolgte noch mit dem primitiven Hakenpflug, welcher die Erde mehr aufkratzte als pflügte. Die Landwirtschaft war harte, kräfteraubende und nur wenig ertragreiche Arbeit.
Im Jahre 976 belehnte Kaiser Otto II. den Grafen Luitpold von Babenberg mit der Mark „Ostarichi“, welche das Donautal ungefähr bis Mautern umspannte. Er erweiterte seine Mark bis nach Greifenstein. 991 versuchten die Ungarn diesen Teil wieder zurückzuerobern, wurden aber von einem kaiserlichen Heer zurück geschlagen. Luitpolds Sohn Heinrich II. konnte die Mark dann um das Jahr 1000 bis an die March und an die Leitha ausdehnen. Dies ist durch Schenkungsurkunden belegt. Das ist daher auch die Gründungszeit unserer Orte, weil jetzt fränkische und bayerische Siedler in unseren Raum kamen.
Diese Siedler brachten eine ganz andere Kultur mit. Sie siedelten nicht mehr in Streusiedlungen, sondern in geschlossenen Dörfern. Das brachte viele Vorteile mit sich, denn das Dorf war zum Beispiel leichter gegen Angriffe zu verteidigen.
Die Franken brachten auch die Trennung von Wohnhaus und Stall mit, welche von nun an voneinander getrennt und nicht mehr unter einem Dach waren. Sie brachten auch den Rauchfang mit, welcher nun dafür sorgte, dass der Rauch des Herdfeuers nicht mehr im ganzen Haus herumzog. Die Pfarre Stockerau entstand vor 1123 und dürfte zusammen mit Niederhollabrunn und dem Michelberg gegründet worden sein.
Die älteste Erwähnung von Bruderndorf als Edelsitz war 1177. In einer Schenkungsurkunde über ein Lehen nach Klosterneuburg, wird ein „Gundolt von Prudirdorf erwähnt. Die Bezeichnung des Ortes geht wahrscheinlich auf ein Brüderpaar „Wichard und Berthold von Stiefern, Gaden und Arnstein“ zurück. Auch ein Meierhof in Prudirdorf von „Chunrat von Rosenberg“ wird ebenso erwähnt, wie Die Lehen durch „Heinrich von Schwarza“ und durch „Adelheid“, die Gattin eines „Ortwin von Prudirdorf“.
Der Ortsname änderte seine Bezeichnung von Prodersdorf, Prudirdorf, Pruederdorf, Pruderndorf, Bruederndorf und Pruderdorf bis er die entgültige Bezeichnung „Bruderndorf“ bekam.
Das Stift Klosterneuburg besaß 1258 im Dorf neun Lehen und einige Äcker. Das Gut des Stiftes verschwand in der Folge. Es dürfte an die Herrschaft Sierndorf gekommen sein, denn 1552 bekannte Jörg Wilhelm von Zelking bei seinem Gut Ebreichsdorf von Pruederdorf 4 Pfund 4 Schilling 18 Pfennige Einkommen. Außerdem wies 1558 Joachim Volkra bei seinem Gut Streitdorf aus Bruderndorf eine, dem Georg Wilhelm von Zelking abgekaufte, Gilte aus.
Einmal noch wird das Edelgeschlecht aus Bruderndorf in einer Urkunde genannt. Ein „Friedreich der Porawer von Pruderdorf“ ist Mitsiegler mit Heinrich, Pfarrer zu Maispirbaem bei einem Lehensvertrag gegeben 1356 an san Goerntag. Die Urkunde ist im Bestand des Benediktinerstiftes Göttweig.
1732 hatte Steinabrunn 26 Untertanen und die Dorfobrigkeit. Ein Teil dieses Besitzes war schon 1380 an die Floit zu Steinabrunn gekommen. Einkünfte in Bruderndorf erwarb durch Schenkungen die Wiener Burgkapelle. Dieser gehörten 1447 fünf, im 18 Jahrhundert zehn Häuser. 1364 nannte ein Friedrich der Parauer, zu Bruderndorf sesshaft, den Stephan von Maissau seinen Herrn. Ein späterer Besitzer von Maissau und der Feste Praunsberg, Sebastian von Abensberg und Traun, kaufte um 1536 dem Rudolf von Hohenfeld landesfürstliche Güter ab. 1590 und 1732 waren bei Maissau 20 und 21 Untertanen.
Landesfürstliches Lehensgut, eine Mühle und eine Hofstatt, genannt Vogelsankh, 1455 dem Bernhard Mitterndorfer gehörig, wurde im Jahr darauf von Jörg von Eckartsau, Herrn auf Maissau und Sonnberg, erworben. 1497 kamen bei der Teilung des Erbes nach Jörg fünf Häuser an die Tochter Dorothea, Gattin des Christoph von Rohr und später über die Ludmannsdorfer aus Hasenegg an die Herrschaft Ernstbrunn, die 1590 als damit begütert erschien und sie 1729 zu ihrer Herrschaft Streitdorf schreiben ließ. Von Eckartsauern war auch der Besitz, der 1516 von Hartmann von Liechtenstein, Georg von Rogendorf und Magdalena (Tochter von Otto von Zelking und Agnes von Eckartsau und Gattin des Sebastian von Abensberg und Traun), an Rudolf von Hohenfeld verkauft wurde. Unbekannt ist, wie die Pfarre Niederhollabrunn zu ihren Untertanen von 1732 gelangt ist. 1380 und 1427 war Hans von Ebersdorf Lehensherr von Gilten. Sie dürften aus Zehentseinkünften bestanden haben.
1522 und 1543 war der Ort verödet. 1541 wollte die Burgkapelle anfangen, Untertanen zu stiften. Nach 1543 wurde Kroaten angesiedelt.
1848 wurden die Einkünfte der Herrschaften durch die Aufhebung der Untertanenschaft sehr geschmälert. und viele verkauften dann Ihr Eigentum.
1904 wurde unter Bürgermeister Josef Mayer (1901-1905) die Freiwillige Feuerwehr gegründet. Erster Kommandant war Anton Labschütz.
Unter Bürgermeister Ferdinand Kandler (1906-1919) wurde 1910 die Straßenpflasterung durchgeführt.
Die Kommasierung wurde 1935 unter Bürgermeister Josef Huber (1930-1945) durchgeführt.
1938 wurden die ersten Traktoren angeschafft.
1948 wurde unter Bürgermeister Leopold Weinrichter (1948-1955) und Pfarrer Vanek die Glockenweihe veranstaltet.
Unter Bürgermeister Josef Müllner (gemeinsam mit Niederfellabrunn) wurde laut Gemeinderatsbeschluss vom 29.11.1970 wurde Bruderndorf mit 1971 eine Katastralgemeinde der Marktgemeinde Niederhollabrunn.
Die Kapelle
Die jetzige Kapelle, die dem Heiligen Rochus geweiht ist, wurde nach 1833 erbaut, nachdem die alte Kapelle und 18 Häuser, 15 Scheunen, 7 Stübeln und 4 Schüttkästen ein Raub der Flammen wurden.
Interessant ist die Inneneinrichtung. Der Altar stammte von der ehemaligen Schlosskapelle von Niederfellabrunn und das Weihwasserbecken aus der ehemaligen Wiesmühle.
Im ersten und dann im zweiten Weltkrieg mussten die Kirchenglocken wegen der Metallknappheit abgegeben werden. 1948 bekam sie dann ein neues Geläute. Im Laufe der Geschichte müsste die Kapelle einige Male ausgebessert bzw. restauriert werden. Das letzte Mal musste sie vor ein paar Jahren sogar mit Stahlbändern zusammengehalten werden.
Es wird einmal in der Woche eine Messe gelesen.
Mühlen
1834 gab es im Ort laut einer Topographie noch drei Mühlen in Betrieb.
Die Theiland- oder Talent-Mühle, nach dem Flurnamen „In Theilen“ benannt, lag 3 km nördlich vom Ort und 1 km noch nördlich von der Straßenabzweigung zur Reingruberhöhe. Von der Mühle und dem dazugehörigen Gebäude ist am regulierten Senningbach, nichts mehr vorhanden.
Die abgekommene Wiesmühle stand an der Einmündung des Niederhollabrunner Baches in den Senningbach. Zwischen den Weltkriegen stand dort noch ein Restgebäude. Neben der Wiesmühle soll eine Kapelle zu Niederfellabrunn gestanden haben, die um 1470 aus einer Verlassenschaft nach Siegbert Wert gestiftet worden war.
Von dieser Mühle ist ebenfalls nichts mehr vorhanden, außer einem Mühlstein, den ich dort fand.
Die Binder-Mühle steht am Nordausgang der östlichen Zeile des Doppelzeilenortes. Die Mühle wurde von einem starken Quellbach, der vom Osten kam, knapp vor seiner Einmündung in den Senningbach von 1844 bis 1969 betrieben.
Schulen
Die Mutterschule war die Volksschule in Niederhollabrunn, in der die Kinder aus Niederhollabrunn, Niederfellabrunn, Bruderndorf und Streitdorf eingeschult waren. Eine Schule wird bereits im 15. Jahrhundert genannt. Das jetzige ehemalige Schulhaus neben der Kirche wurde 1780 erbaut und war bis 1821 ebenerdig. Dieses Haus war vorher ein Speicher der Herrschaft. Diese Zweiklassige Schule existierte bis zum Schuljahr 1972/73. Heute ist das Gebäude ein privates Wohnhaus. (193 Jahre Schule in Niederhollabrunn)
Laut Gemeinderatsbeschluss der Gemeinden Niederfellabrunn und Bruderndorf im Jahre 1876 wurde auf Antrag beim k.k. Bezirksschulrat die Errichtung einer eigenen Schule für Niederfellabrunn und Bruderndorf beschlossen. Die Anzahl der Schüler betrug nämlich bereits 120 Schüler pro Klasse. Die Gemeinden NDF und BRU erwarben das Gasthaus Nr. 15 (ehemaliges Gasthaus Schachel) und bauten es zu einer Schule um. Die Eröffnung der Schule in NDF fand am 3.11.1878 statt. 1892 gab es eine furchtbare Überschwemmung auf dem Marktplatz. 1895 sollte das Gebäude trockengelegt und ein Zubau getätigt werden. Auf Vorschlag des Ortsschulrates kam es jedoch dann zu einem Neubau auf dem früheren Grund Steiners aus Bruderndorf. Am 9.8.1896 wurde das Schulhaus feierlich seiner Bestimmung übergeben. Die Baukosten betrugen 18.970 Gulden. Im Laufe der Zeit wurde das Gebäude immer wieder restauriert und umgebaut. Die heutige Schule, die eigentlich auf Bruderndorfer Grund ist, bildet heute eine Schulgemeinschaft mit Leitzersdorf. (132 Jahre Schule NDF-BRU und später Volksschule Niederhollabrunn) Zwei Schulrichter, Bürgermeister Josef Zinsberger und Pfarrprovisor Jakob Rohrer erreichten, dass in Bruderndorf eine Filialschule errichtet wurde. Wo dieses Gebäude war ließ sich nicht eruieren Diese Expositur existierte vom Herbst 1863 bis zum Frühjahr 1868.
1890 stellte die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg den Antrag, entweder die Schule von Niederhollabrunn dreiklassig zu führen, oder eine Schule in Streitdorf zu errichten. Letzteres wurde beschlossen. Die Schule in Streitdorf wurde 1. 10. 1890 feierlich eröffnet. Sie wurde bis 1963 geführt und dann geschlossen. (73 Jahre Schule in Streitdorf) Heute dient dieses Haus der Feuerwehr und den Jägern als Gemeinschaftsraum.
Wolfinger Ernst Juni 2010